fliegen, 2021
18 Bronze casts
Various sizes
Kunst am Bau
Kantonsschule Im Lee, Winterthur
Meletta Strebel Architekten
Kunstbetrieb Münchenstein
CL-Y
fliegen, 2021
18 Bronze casts
Various sizes
Kunst am Bau
Kantonsschule Im Lee, Winterthur
Meletta Strebel Architekten
Kunstbetrieb Münchenstein
CL-Y
Von Anfang an war allen Wettbewerbsbeteiligten klar: Ein Kunst am Bau Projekt für die Kantonsschule Im Lee ist eine Herausforderung. Gegeben ist ein Schulgebäude, das rein durch seine Monumentalität und sein Alter beeindruckt. Dort einen künstlerischen Gegenpol schaffen zu wollen ist enorm schwierig und kann daher auch nicht das Ziel des Kunstwerkes sein. Eher sollte das Kunst am Bau Objekt mit dem Gebäude, seinen Materialien, seiner Geschichte, seiner Monumentalität in den Dialog treten, mit den Eigenheiten und der Geschichte der Schule spielen, diese aufgreifen und reflektieren. Gesucht wurde ein Werk, welches einen Bogen von der Vergangenheit, in die Gegenwart, und über diese hinaus in die Zukunft zu spannen vermag.
Die Winterthurer Künstlerin Esther Mathis, deren Arbeiten häufig durch subtile Verweise auf physikalische Phänomene und poetische Fingerzeige auf naturwissenschaftliche Aspekte bestechen, hat diese Herausforderung angenommen. Für ihr Projekt «Fliegen» hat die Kunstschaffende Bronzeabgüsse von heimischen Vögeln zu dem historischen, imposanten Steinadler am Eingangsportal, unterhalb des Rektorenbalkons gesellt. Drei weitere Vögel haben im Gebälk des neu ausgebauten Dachstocks Platz genommen. In ihrer Materialität und präzisen Ausführung entspricht die Arbeit der qualitativ hochwertigen und detailgenauen Sprache der Architektur und spannt doch inhaltlich eine ganz neue Welt auf.
Der Adler, der sogenannte «König der Lüfte» steht traditionell für Stärke, Autorität und Mut – doch durch das Hinzufügen von fünfzehn weiteren Vogelarten wird dieses einseitige und heutzutage mehr denn je zu hinterfragende Vorbild vervollständigt: In einem demokratischen System werden nicht nur die «Könige der Lüfte» geschätzt – eine Haubenlerche oder ein Mauersegler sind ebenso relevant wie ein Adler.
Für die Bronzeobjekte wurden als erster Schritt 3D-Scans von ausgestopften, lokalen Vögeln des Naturmuseums Winterthur angefertigt. Nach der Aufarbeitung der Daten, erfolgte ein «Ausdruck» der einzelnen Vögel mithilfe eines 3D Druckers. Dieser diente als Positiv-Form für den anschliessenden Bronzeguss. Die Vögel in Originalgrösse (die Masse variieren von 6 bis 50 cm Körperlange) wurden auf bronzenen Stangen sitzend, mittels Stützstäben direkt in die verputzten Fugen des Tessiner Steins beim Eingangsportals angebracht. Sie sind verspielt auf verschiedenen Höhen positioniert, um in Interaktion untereinander, mit dem Adler sowie mit den Schüler*innen und Schülern zu treten.
Kleine Bronzevögel, die die Strenge, die Maskulinität, die Autorität des Gebäudes aufbrechen können – radikaler und poetischer kann man demokratische Grundprinzipien, Diversität, Artenschutz, ornithologisches Wissen und auch die aktuelle Denkmaldebatte wohl kaum vermitteln. In Zeiten von MeToo und einer aufgeheizt geführten Kolonialismusdebatte, in denen auch der radikale Abbruch, das Ausradieren von Denkmälern nicht mehr ausgeschlossen wird, weist «Fliegen» einen anderen Weg. Es geht nicht um die Auslöschung von Denkmälern, sondern um deren Ergänzung und Entfaltung, um Diversifikation. Der Diskurs wird nicht abgebrochen, sondern um neue Impulse und Anstösse erweitert. Zum Adler gesellen sich Artgenossen, die auf den ersten Blick nicht so prächtig und mächtig erscheinen wie er – kleinere, vermeintlich schwächere, bunte, zerzauste, aufmüpfige, nachtliebende, singende und piepende Wesen. Fliegen können sie alle.
«Man muss kein Adler sein, um fliegen zu können» – dieser philanthropische, demokratische wie auch artenschützende Ansatz wird gleichzeitig dermassen radikal wie auch unaufdringlich vermittelt, dass man als Betrachter nicht umhin kommt, tief berührt zu sein. Grandios, wenn ein vermeintlich stilles Kunstwerk eine derart Mut machende und tröstliche «Weisheit» den Schülerinnen und Schülern mitgibt, die nach ihrer Schulzeit in der Kantonsschule im Lee durch dieses Tor in die Welt hinausfliegen.
Katja Baumhoff
fliegen, 2021
18 Bronze casts
Various sizes
Kunst am Bau
Kantonsschule Im Lee, Winterthur
Meletta Strebel Architekten
Kunstbetrieb Münchenstein
CL-Y
Von Anfang an war allen Wettbewerbsbeteiligten klar: Ein Kunst am Bau Projekt für die Kantonsschule Im Lee ist eine Herausforderung. Gegeben ist ein Schulgebäude, das rein durch seine Monumentalität und sein Alter beeindruckt. Dort einen künstlerischen Gegenpol schaffen zu wollen ist enorm schwierig und kann daher auch nicht das Ziel des Kunstwerkes sein. Eher sollte das Kunst am Bau Objekt mit dem Gebäude, seinen Materialien, seiner Geschichte, seiner Monumentalität in den Dialog treten, mit den Eigenheiten und der Geschichte der Schule spielen, diese aufgreifen und reflektieren. Gesucht wurde ein Werk, welches einen Bogen von der Vergangenheit, in die Gegenwart, und über diese hinaus in die Zukunft zu spannen vermag.
Die Winterthurer Künstlerin Esther Mathis, deren Arbeiten häufig durch subtile Verweise auf physikalische Phänomene und poetische Fingerzeige auf naturwissenschaftliche Aspekte bestechen, hat diese Herausforderung angenommen. Für ihr Projekt «Fliegen» hat die Kunstschaffende Bronzeabgüsse von heimischen Vögeln zu dem historischen, imposanten Steinadler am Eingangsportal, unterhalb des Rektorenbalkons gesellt. Drei weitere Vögel haben im Gebälk des neu ausgebauten Dachstocks Platz genommen. In ihrer Materialität und präzisen Ausführung entspricht die Arbeit der qualitativ hochwertigen und detailgenauen Sprache der Architektur und spannt doch inhaltlich eine ganz neue Welt auf.
Der Adler, der sogenannte «König der Lüfte» steht traditionell für Stärke, Autorität und Mut – doch durch das Hinzufügen von fünfzehn weiteren Vogelarten wird dieses einseitige und heutzutage mehr denn je zu hinterfragende Vorbild vervollständigt: In einem demokratischen System werden nicht nur die «Könige der Lüfte» geschätzt – eine Haubenlerche oder ein Mauersegler sind ebenso relevant wie ein Adler.
Für die Bronzeobjekte wurden als erster Schritt 3D-Scans von ausgestopften, lokalen Vögeln des Naturmuseums Winterthur angefertigt. Nach der Aufarbeitung der Daten, erfolgte ein «Ausdruck» der einzelnen Vögel mithilfe eines 3D Druckers. Dieser diente als Positiv-Form für den anschliessenden Bronzeguss. Die Vögel in Originalgrösse (die Masse variieren von 6 bis 50 cm Körperlange) wurden auf bronzenen Stangen sitzend, mittels Stützstäben direkt in die verputzten Fugen des Tessiner Steins beim Eingangsportals angebracht. Sie sind verspielt auf verschiedenen Höhen positioniert, um in Interaktion untereinander, mit dem Adler sowie mit den Schüler*innen und Schülern zu treten.
Kleine Bronzevögel, die die Strenge, die Maskulinität, die Autorität des Gebäudes aufbrechen können – radikaler und poetischer kann man demokratische Grundprinzipien, Diversität, Artenschutz, ornithologisches Wissen und auch die aktuelle Denkmaldebatte wohl kaum vermitteln. In Zeiten von MeToo und einer aufgeheizt geführten Kolonialismusdebatte, in denen auch der radikale Abbruch, das Ausradieren von Denkmälern nicht mehr ausgeschlossen wird, weist «Fliegen» einen anderen Weg. Es geht nicht um die Auslöschung von Denkmälern, sondern um deren Ergänzung und Entfaltung, um Diversifikation. Der Diskurs wird nicht abgebrochen, sondern um neue Impulse und Anstösse erweitert. Zum Adler gesellen sich Artgenossen, die auf den ersten Blick nicht so prächtig und mächtig erscheinen wie er – kleinere, vermeintlich schwächere, bunte, zerzauste, aufmüpfige, nachtliebende, singende und piepende Wesen. Fliegen können sie alle.
«Man muss kein Adler sein, um fliegen zu können» – dieser philanthropische, demokratische wie auch artenschützende Ansatz wird gleichzeitig dermassen radikal wie auch unaufdringlich vermittelt, dass man als Betrachter nicht umhin kommt, tief berührt zu sein. Grandios, wenn ein vermeintlich stilles Kunstwerk eine derart Mut machende und tröstliche «Weisheit» den Schülerinnen und Schülern mitgibt, die nach ihrer Schulzeit in der Kantonsschule im Lee durch dieses Tor in die Welt hinausfliegen.
Katja Baumhoff